Wenn der Erbfall eintritt…
Mit dem Verlust eines Angehörigen ist nicht nur das Gefühl der Trauer um einen nahestehenden Menschen verbunden. Vom Totenschein über die Beisetzung bis zur Regelung des Nachlasses gibt es eine ganze Reihe von Pflichten und Aufgaben zu bewältigen. Außerdem sind viele schwierige Entscheidungen zu treffen – oft ohne das nötige Wissen, die Lage umfassend einzuschätzen.
Hier finden Sie einige hilfreiche Informationen und Tipps rund um das Thema Erbschaft.
Liegt ein Testament vor, eröffnet das zum örtlichen Amtsgericht gehörende Nachlassgericht das Testamentsverfahren. Entweder wurde das Testament bereits vom Erblasser beim Nachlassgericht hinterlegt, andernfalls ist es Aufgabe der Erben, ein aufgefundenes Testament dem Nachlassgericht zukommen zu lassen. Wenn das Nachlassgericht alle Beteiligten über den Inhalt des Testaments informiert hat, kann dort auch der Erbschein beantragt werden. Wer diesen Antrag stellt, bekundet damit bereits die Annahme der Erbschaft. Der Erbschein wiederum dokumentiert den Erbteil und berechtigt den Erben gegenüber Ämtern und Banken Auskünfte über das Vermögen des Erblassers zu erhalten.
Liegt kein Testament vor, geht der Nachlass an die gesetzlichen Erben. Das sind Ehepartner, Kinder, inklusive Adoptivkinder, Enkel, Eltern und Geschwister. Gesetzlich geregelt sind hier auch die Erbteilquoten, also wer welchen Anteil des Nachlasses bekommt.
Nach dem Gesetz gibt es drei Stufen der Verwandtschaft, die in Erbfällen relevant sind: Die höchste Stufe kommt dem Ehepartner und den Kindern zu. Gibt es weder Ehepartner noch Kinder, werden in der zweiten Stufe Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen zu Erben. Erst wenn es auch hier keine möglichen Erben gibt, kommen in der dritten Stufe Großeltern, Tanten und Onkel sowie Cousinen und Cousins in Betracht. Und sollten auch hier keine Erben zu ermitteln sein, oder kein Verwandter das Erbe antreten wollen, erbt der Staat.
Auch wenn im Testament etwas anderes steht: Ehepartner und Kinder können mit Hilfe des Gesetzes verhindern, vom Nachlass völlig ausgeschlossen zu bleiben – mit andern Worten: enterbt zu werden – indem sie ihren Pflichtteil einfordern. Der Pflichtteil beträgt in der Regel die Hälfte dessen, was der gesetzliche Erbteil gewesen wäre. Um ihn zu berechnen, muss der finanzielle Wert des gesamten Nachlasses bekannt sein. Das ist nicht immer in kurzer Zeit möglich. Immerhin beträgt die Verjährungsfrist für das Einfordern des Pflichtteils aber drei Jahre.
Für durchschnittlich Verdienende und Vermögende ist die Erbschaftssteuer in Deutschland oft kein großes Thema, denn es bestehen hier recht hohe Freibeträge: 500.000 Euro für den Ehepartner und 400.000 Euro für Kinder. Fällt die Erbschaft höher aus, sind für den Teil, der über dem Freibetrag liegt, Steuern in Höhe zwischen 7 und 30 Prozent zu zahlen. Allerdings sinken diese Freibeträge erheblich, wenn der Grad der Verwandtschaft geringer ist: Für Nichten und Neffen, Cousinen und Cousins des Erblassers beginnt die Steuerpflicht bereits bei einem Erbteil oberhalb von 20.000 Euro. Erben sie einen höheren Betrag, wird für den Teil oberhalb des Freibetrags eine Steuerzahlung zwischen 15 und 43 Prozent fällig.
Die Erben treten grundsätzlich in die Rechtsposition der verstorbenen Person ein. Dies hat weitreichende Folgen: Hat der Erblasser einen Kredit noch nicht vollständig zurückgezahlt, wird sich die Bank an die Erben mit den entsprechenden Forderungen wenden. Auch die Belastungen durch Hypotheken, Leasing- und Mietverträge, Versicherungen, Abonnements werden vererbt. Ganz praktisch gesprochen bedeutet es, dass nun rasch ein Überblick geschaffen werden muss, was abzuzahlen ist und welche Kündigungen vorzunehmen sind.
Sind die Schulden höher als die Vermögenswerte, ist es meistens besser, das Erbe auszuschlagen. Um diese Entscheidung zu treffen, hat man sechs Wochen Zeit – wer die Frist verstreichen lässt, erbt automatisch. Sinnvoll ist es, beim Nachlassgericht die Einsetzung eines Nachlassverwalters zu beantragen. Dieser kümmert sich darum, dass die Gläubiger einen Teil ihrer Ansprüche aus dem noch vorhandenen Vermögen decken. Indem man das Erbe nicht antritt, bleibt das eigene Vermögen von diesen Forderungen unangetastet.
Für eine Schenkung spricht, dass spätere Erben noch zu Lebzeiten des späteren Erblassers über einen Teil des Vermögens oder eine Immobilie verfügen können. Steuerlich gibt es zwischen Schenkung und dem Antritt eines Erbes hinsichtlich Höhe und Freibetrag zwar keinen Unterschied. Der Vorteil der Schenkung liegt aber darin, dass nach zehn Jahren der Freibetrag wieder erneut in Anspruch genommen werden kann. Bei sehr großen Vermögen lassen sich daher bei der frühzeitigen Schenkung eines Vermögensteils somit Steuern sparen.
Als erstes ist zu klären, ob das Haus mit einer Hypothek belastet ist, ob dringende Reparaturen oder Sanierungsmaßnahmen anstehen – und in welcher Höhe diese zu Buche schlagen. Vielleicht gehört zum Nachlass auch ein Barvermögen, das hierfür verwendet werden kann, ansonsten stellt sich die Frage nach der Finanzierung der dringendsten Maßnahmen. Wer ein vermietetes Haus geerbt hat, steht erst einmal nicht so sehr unter Zeitdruck und kann sich Stück für Stück mit der Rolle als Vermieter*in vertraut machen – oder eine Hausverwaltung beauftragen. Hat die verstorbene Person selbst im nun frei gewordenen Haus gewohnt, stellt sich rasch die Frage, ob es verkauft, vermietet oder selbst bezogen werden soll. Weil ein Haus einerseits aufgrund der zu zahlenden Grundsteuer ständig Kosten verursacht, andererseits Geld für die Erhaltung zurückgelegt oder erwirtschaftet werden muss, ist es auf keinen Fall sinnvoll, es längere Zeit leer stehen zu lassen. Die verschiedenen Optionen sollte man sich von einem auf Immobilien spezialisierten Bankberater einmal durchrechnen lassen.
Grundsätzlich ist ein rascher und möglichst vollständiger Überblick über Werte und Verbindlichkeiten sehr wichtig und hilfreich. Während man beim Begleichen von Forderungen darauf achten muss, alle Zahlungsfristen einzuhalten, sind umgekehrt bei den Vermögenswerten nicht selten Fristen abzuwarten, bis das Geld tatsächlich für einen selbst liquide wird. Festgelder sind beispielsweise bis zum Ablauf der mit dem Erblasser vereinbarten Frist nicht an die Erben auszahlbar. Auch bei Wertpapier-Depots ist es oft nicht möglich oder sinnvoll, alles mit einem Schlag „flüssig“ zu machen. Dadurch können mitunter komplexe Situationen entstehen, für die es aber eine gute Bankberatung passende Lösungen ausarbeiten kann. Weitaus weniger herausfordernd ist der Fall, eine größere Summe Bargeld geerbt zu haben – es kann dazu beitragen, eigene Schulden abzutragen oder den Grundstein für eine neue eigene Geldanlage, beispielsweise ein Wertpapier-Depot zu bilden.
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