Thomas Radzik, Mitarbeiter im Banking mit Autismus und Claudia Drees, Schwerbehindertenvereterin der TDG
Thema: Menschen | Datum: 19.06.2023

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Leben mit Autismus

Herausforderungen angehen, Stärken nutzen

Autismus ist sicherlich keine leichte Diagnose, aber man kann lernen, bestmöglich mit ihr umzugehen – das hat zumindest unser Kollege Thomas Radzik geschafft. Er hat uns ganz offen von seinem Alltag und seinen Erfahrungen berichtet.

Thomas ist seit 1991 in der Abteilung Banking tätig.

Vor ca. elf Jahren wurde Thomas Radzik, Mitarbeiter im Banking seit 1991, offiziell die Diagnose des Asperger-Syndroms von der Uniklinik Köln bestätigt.

„Natürlich machte sich in der Schul- und Unizeit schon bemerkbar, dass ich nicht so bin wie die anderen, doch Autismus war zu der Zeit noch nicht so bekannt. So wurde mein Verhalten oft missverstanden“, erzählt Thomas. „Lehrerinnen und Lehrer fühlten sich zum Beispiel oft angegriffen, wenn ich auf Punkte hingewiesen habe, die nicht den Tatsachen entsprachen. Dabei war es gar nicht meine Absicht, diejenigen zu kritisieren, ich hatte einfach nur einen ausgeprägten Hang, Dinge wahrheitsgemäß darzustellen.“

Nicht in Schubladen denken

Wahrheitsliebend sind tatsächlich viele Autisten. Auch Adjektive wie hochintelligent, perfektionistisch, wissbegierig und hochsensibel treffen auf viele zu. Verallgemeinern lassen sich die Symptome und Verhaltensweisen von Autisten allerdings nicht, da das Autismus-Spektrum unheimlich groß ist. „Auch Thomas kann man in keine Schublade stecken“, sagt Claudia Drees, Schwerbehindertenvertreterin der TDG. „Er ist zwar außergewöhnlich intelligent und hochsensibel, dennoch ist er sicherlich kein typisches Beispiel für eine Person mit Asperger-Syndrom“, erklärt sie. „Thomas ist sehr selbstreflektiert und immer offen für Neues. Die meisten merken nicht einmal, dass er Autist ist.“ Doch bis dahin war es kein leichter Weg.

Tipps und Tricks für den Alltag

Thomas hat hart an sich gearbeitet, um sich bestmöglich an die Gesellschaft anzupassen. In unterschiedlichen Therapien hat er Tipps und Tricks gelernt, die er in für ihn herausfordernden Situationen anwenden kann. „Wenn es mir zu viel wird, merke ich wie meine Herzfrequenz steigt, die Hände feucht werden und ich die Orientierung verliere. Das passiert zum Beispiel, wenn es sehr laut ist oder ich von zu vielen Menschen umgeben bin“, erklärt Thomas. „Dann schließe ich die Augen, mache Atemübungen, versuche die Perspektive zu wechseln oder gehe einfach für ein paar Minuten komplett aus der Situation raus.“ Durch solche Methoden ist es möglich, aufkommende Panikattacken zu kontrollieren und vor allem auch zu reduzieren.

Offenheit und Wertschätzung

Claudia Drees – Schwerbehindertenvertreterin der TDG

Das hilft Thomas natürlich dabei, seinen Arbeitsalltag zu bestreiten, ebenso wie der tolle Umgang der Kolleginnen und Kollegen mit seiner Situation. Für diese war Thomas Autismus übrigens nie ein Thema. „Alle sind unheimlich offen, hilfsbereit, gehen auf ihn ein und schätzen sein unglaublich großes Wissen sowie ihn als Mensch“, erzählt Claudia. „Ich werde von allen einfach so akzeptiert, wie ich bin und dafür bin ich sehr dankbar“, ergänzt Thomas. „Mir wird viel Offenheit und Verständnis entgegengebracht und ich bekomme viel Hilfe – seitens der Kolleginnen und Kollegen sowie meiner Führungskraft, aber auch seitens der Bank als Arbeitgeberin.“ Im Kundenkontakt ist Thomas übrigens in den ganzen Jahren erst zwei Mal als Autist „enttarnt“ worden.

Stärken nutzen

Neben vielen Herausforderungen für die Betroffenen bringt Autismus allerdings auch ganz besondere Fähigkeiten mit sich, wie zum Beispiel ein sehr ausgeprägtes Gedächtnis und analytische Fähigkeiten. „Ich kann mir Informationen und Erlebnisse tatsächlich recht leicht merken und dauerhaft abspeichern“, sagt Thomas zurückhaltend. „Vor Kurzem hatte ich zum Beispiel einen Kunden am Telefon, den ich an ein lang zurückliegendes Erlebnis erinnert habe, das ich abgespeichert hatte. Als ich mehr und mehr erzählte, kam auch bei ihm langsam die Erinnerung zurück.“

Auch privat nutzt Thomas seine Stärken: Er spielt, wie viele Autisten, leidenschaftlich gerne Schach – und das drei bis fünf Stunden täglich. Wer weiß, vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal mit der Qualifikation für die Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft. Wir drücken auf jeden Fall fest die Daumen!

Redaktion: Stephanie Heinze

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