„Ihr seid total verrückt“
Abenteuerurlaub mit zwei kleinen Kindern? Warum eigentlich nicht, dachte sich Axel Mainzer. Ein halbes Jahr nach der Geburt seiner Tochter packte der 47jährige TARGOBANK Mitarbeiter gemeinsam mit Frau Marilyn und den gemeinsamen Kindern Merle (8 Monate) und Lennart (6 Jahre) die Koffer und reiste sieben Wochen lang mit dem Wohnmobil an der amerikanischen Westküste entlang. Im Interview erzählt er von Treibholzstränden, Antilopen und Verantwortungsbewusstsein.
Herr Mainzer, ein Roadtrip mit einem Säugling und einem Sechsjährigen klingt zunächst nach einer Menge Arbeit. Wie haben Sie sich auf die Reise vorbereitet?
Im Vorfeld haben wir unsere Reiseroute grob festgelegt, aber keine Campingplätze gebucht. Während der Reise haben wir uns vor allem treiben lassen und spontan entschieden, wie es weiter geht. Anfang Mai ging es los: 5.000 Meilen von Seattle über San Francisco, den Grand Canyon und den Yellowstone National Park bis nach Vancouver. Wir hatten keinen Reiseführer, sondern haben die Menschen vor Ort nach Tipps in der Umgebung gefragt.
War das nicht ziemlich anstrengend, vor allem wegen der Kinder?
Es war sehr entspannt. Noch einfacher, als wir uns das vorgestellt hatten. Wir haben natürlich darauf geachtet, keine allzu langen Strecken am Stück im Auto zu verbringen. Für die Kinder war das Ganze ein großes Abenteuer. Nach anfänglichen Verständigungsproblemen mit seinen neuen Freunden auf dem Campingplatz hat unser Sohn Lennart dann gefragt: „Papa, können wir nach Amerika ziehen?“.
Bei den Kindern ist der „Funke“ der USA also auch übergesprungen. Warum haben Sie ausgerechnet dieses Land ausgewählt?
Es hätte auch jedes andere Land sein können. Uns ging es hauptsächlich um die gemeinsame Zeit zu viert – weg von zu Hause. Natürlich bietet die Westküste der USA mit ihrer atemberaubenden Landschaft und der Küstenstraße Highway 1 das perfekte Erlebnisbündel für einen Roadtrip. Das habe ich bereits vor 18 Jahren festgestellt, als ich mit einem Freund dort Urlaub machte. Für uns als Familie waren außerdem die Kosten für die USA im Vergleich zu anderen Ländern moderat und es gibt keine Krankheitsrisiken wie Malaria, auf die wir mit einem Säugling natürlich besonders achten.
Haben Sie aus Ihrem Umfeld Unterstützung für Ihr Projekt bekommen oder fanden andere die Idee, mit zwei kleinen Kindern auf so eine lange Reise zu gehen, eher absurd?
Seitens des Arbeitgebers war die Resonanz durchweg positiv: Vorgesetzte und Kollegen setzten sich für mich ein und einige wären selbst gern mitgefahren. (lacht) Der Freundeskreis reagierte zunächst überrascht: „Ihr seid doch verrückt“ hieß es, nachdem wir von unseren Plänen berichtet hatten. Aber nach und nach konnten wir alle davon überzeugen, dass die Idee gar nicht so verrückt ist: Anders als im Alltag hat man auf Reisen keine Verpflichtungen und kann völlig abschalten. Während der klassischen Elternzeit zu Hause muss man sich zum Beispiel um Hausputz, Gartenarbeit oder Kindergarten kümmern – so hatten wir jeden Tag 24 Stunden zusammen.
Gab es einen besonderen Moment während der Reise, an den Sie sich gern erinnern?
Die Highlights waren meistens die ungeplanten und unerwarteten Momente. Wir sind lieber in kleine State Parks gefahren, in denen man direkt in der Natur zwischen Antilopen und Murmeltieren campen konnte, als viel Zeit in den großen Metropolen zu verbringen. Am letzten Abend haben wir zum Beispiel nach langer Suche einen abgelegenen Campingplatz auf einer Insel namens Bainbridge Island bei Seattle gefunden. Der Blick auf die Stadt und die Atmosphäre an dem einsamen Treibholzstrand waren unbeschreiblich. Ein toller Abschluss unserer Reise!
Das klingt wirklich beeindruckend. Welchen Tipp geben Sie anderen Arbeitnehmern, die ihre Elternzeit ähnlich nutzen wollen?
Wichtig ist, sich nicht von kritischen Rückmeldungen durch Freunde oder Familie beirren zu lassen. Wir haben unser Projekt durchgezogen und zu keiner Zeit bereut – ganz im Gegenteil. Trotzdem sollte man verantwortungsbewusst handeln und ein möglichst sicheres Reiseziel wählen. Und mein persönlicher Tipp für jeden Roadtrip: Ein GPS-Tracker, der im Nachhinein anzeigt, an welchem Tag man wo war – so kann man den Überblick über die Reiseroute behalten. Solche Tracker gibt es zum Beispiel für das eigene Handy.
Seit einigen Wochen sind Sie nun wieder in Deutschland. Was haben Sie persönlich mitgenommen?
Als Vater habe ich die Verantwortung für die Reiseplanung übernommen und musste wichtige Entscheidungen treffen, damit es meiner Familie gut geht. Bei Meinungsverschiedenheiten wurde der Familienrat einberufen. Das hat nicht nur mir, sondern auch den Kindern gezeigt, wie man Konflikte gemeinsam löst.
Auch für den Beruf habe ich viel Neues mitgenommen. Unter anderem weiß ich jetzt die Unterstützung der TARGOBANK noch mehr zu schätzen: Amerikaner beispielsweise haben gar keine Elternzeit und viele Reisebekanntschaften erzählten uns von ihren Erfahrungen mit anderen Arbeitgebern, bei denen ein halbes Jahr Auszeit undenkbar wäre.
Würden Sie noch einmal einen Roadtrip mit Kindern machen?
Auf jeden Fall! Geplant ist eine Tour durch Europa mit dem Auto. In naher Zukunft werden wir zu viert häufiger Ausflüge über das Wochenende machen: an die Mosel oder nach Holland zum Angeln. Ohne Fernseher und Hotelfrühstück. Einfach nur wir vier. Gerne auch mit Opa und Oma. Wir wissen jetzt: Die Zeit mit der Familie ist unbezahlbar.
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