In Gutes investieren
Nachhaltige Investments
Beim Einkaufen von Kleidung oder Lebensmitteln achten immer mehr Deutsche auf ethische Aspekte. Zunehmend rückt dies auch bei Anleger*innen ins Blickfeld. Nachhaltige Investments liegen im Trend – vor allem nachhaltige Fonds.
„In einem Wald soll nur so viel abgeholzt werden, wie der Wald in absehbarer Zeit auf natürliche Weise regenerieren kann“. Diese Vorgabe stammt von Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz. Der 1645 geborene Freiberger hat sich damit den Ruf als „Vater“ der Nachhaltigkeit gesichert.
Dass Nachhaltigkeit heutzutage in aller Munde ist, hätte den barocken Forstexperten sicher gefreut. Angesichts knapper Ressourcen und ökologischer Fehlentwicklungen steigt die Bereitschaft vieler Menschen zu hinterfragen, welche Folgen ihr Handeln auf die Natur und das Leben anderer hat. Nachhaltig ist aus heutiger Sicht alles, was Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft im Gleichgewicht hält.
Bio-Banane, Bio-Diesel, Bio-Fonds
Der Gedanke zündet. Bio-Lebensmittel, Car-Sharing, Fair Trade, alternative Energien für die heimische Heizung – ein umweltbewusstes und nachhaltiges Leben zu führen, ist in Deutschland gefragter denn je. Das gilt nicht nur für den Konsumbereich, sondern auch für den Umgang mit den eigenen Ersparnissen. Investments in nachhaltige Geldanlagen, die neben den klassischen finanziellen Kriterien auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen, haben in Deutschland ein neues Rekordhoch erreicht. Wie das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) in seinem Marktbericht 2022 feststellt, stiegen nachhaltige Anlagen 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent auf 501,4 Milliarden Euro. Treibende Kraft dieser Entwicklung waren private Anleger*innen: Ihr Anlagevolumen in nachhaltige Fonds und Mandate verdreifachte sich auf 131,2 Milliarden Euro. Insbesondere Publikumsfonds konnten einen Zuwachs von 130 Prozent verzeichnen und besitzen nun einen Marktanteil von 16,7 Prozent am Gesamtmarkt.
Nachhaltiges Wachstum
Nachhaltig investieren können Anleger*innen zum Beispiel, indem sie sich bewusst für Fonds entscheiden, die kontroverse Geschäftspraktiken sowie kontroverse Branchen wie Waffen, Tabak, Alkohol und Kohle ausschließen. Eine Möglichkeit, regelmäßig Geld in „saubere“ Vermögensanlagen zu investieren, sind nachhaltige Fondssparpläne.
Laut einer Analyse der Ratingagentur Scope vom Februar 2023 konnten Anleger*innen aus Deutschland bereits aus über 6.000 als nachhaltig klassifizierten Fonds wählen, die zusammen rund 3,8 Billionen Euro verwalteten. Im Vergleich zum August 2020 (Volumen nachhaltig ausgerichteter Fonds von rund 400 Milliarden Euro) ist das beinahe eine Verzehnfachung. Neben Investmentfonds können Anleger*innen auch in nachhaltige ETFs (Exchange Traded Funds) investieren, die Aktienindizes wie zum Beispiel den MSCI World Socially Responsible Index nachbilden.
Beim Kauf und Verkauf von Fonds und ETFs bestehen wie bei allen Anlagen Risiken für Kapital und Ertrag. Die Anlage ist – anders als beispielsweise bei Tages- und Festgeldern – nicht garantiert. Schwankungen des Marktes können zu Kursverlusten bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen. Im Gegenzug bieten die Aktienmärkte größere Renditepotenziale.
Mit Brief und Siegel
Angesichts des wachsenden Angebots am Markt ist es nicht immer einfach zu erkennen, wie nachhaltig eine Geldanlage wirklich ist. Der Begriff Nachhaltigkeit ist bisher nicht geschützt, es gibt bis dato keine einheitliche Definition für nachhaltiges Investieren und die Vorstellungen von Nachhaltigkeit variieren stark. Deshalb analysieren einige Ratingagenturen gezielt, ob Unternehmen, in die ein Fonds investiert, tatsächlich nachhaltig wirtschaften – das kann ökologische, soziale, aber auch ethische Kriterien beinhalten wie beispielsweise die Frage, ob ein Unternehmen aktiv gegen Korruption vorgeht.
Europäische Verpflichtung
Dafür, dass immer mehr Unternehmen nachhaltiger denken und wirtschaften, sorgt auch die EU mit ihren Gesetzen. Im 2018 hat die EU ein Gesetzespaket zur Förderung eines nachhaltigen Finanzsystems auf den Weg gebracht. Der von der EU-Kommission vorgelegte Aktionsplan verfolgt drei Kernziele: Die Kapitalflüsse auf den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft auszurichten, Nachhaltigkeit stärker in das Risikomanagement zu integrieren und die Transparenz nachhaltiger Finanzprodukte zu fördern.
Seit dem 10. März 2021 greift die europäische Offenlegungsverordnung. Gemäß der Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor sind Finanzberater*innen (sowie Kreditinstitute, die Anlageberatung erbringen, und Versicherungsvermittler*innen) verpflichtet, über bestimmte Nachhaltigkeitsthemen zu informieren. Fondsgesellschaften müssen außerdem zukünftig im Basisinformationsblatt transparente Informationen über Umwelt-, soziale und Unternehmensführungsaspekte bereitstellen.
Dazu werden die Fonds in verschiedene Nachhaltigkeitsklassen eingestuft: Sogenannte „graue“ Fonds nach Artikel 6 der OffVO verfolgen keine nachhaltigen Ziele. „Hellgrüne“ Artikel 8-Fonds fördern Unternehmen, die sich für die Vermeidung von negativen Auswirkungen auf Natur und Gesellschaft engagieren. Noch nachhaltiger sind die „dunkelgrünen“ Impact-Fonds nach Artikel 9, deren Anforderungen noch über Artikel 8 hinausgehen: Die darin enthaltenen Unternehmen müssen mit ihrem Kerngeschäft die klare und messbare Absicht haben, zu einem nachhaltigen Wandel beizutragen. Maßstab sind hierfür die 17 Ziele der Vereinten Nationen, die Sustainable Development Goals (SDGs).
Aktuell ist außerdem eine Erweiterung des ESG-Regelwerks der EU geplant (ESG = Environment, Social, Governance – dt. ‚Umwelt, Soziales, Unternehmensführung‘). Bisher wurde das Thema Umwelt ausschließlich auf das Klima reduziert. Künftig sollen auch Aktivitäten, die einen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung und dem Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, zum Übergang zur Kreislaufwirtschaft, zur Vermeidung von Umweltverschmutzung sowie zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme leisten, aufgenommen werden.
Bereits im Jahr 2014 hatte die Kommission das Vergaberecht geändert und die Einhaltung sozialer und umweltrechtlicher Verpflichtungen explizit zu einem vergaberechtlichen Grundsatz gekürt. Wer also innerhalb der EU um einen öffentlichen Auftrag buhlt, muss dafür sorgen, dass die Offerte ressourcenschonend und sozial ist – sonst hat man schlechte Karten. So treten die europäischen Beamt*innen konsequent das Erbe ihres Vorgängers von Carlowitz an.
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