Eine Geschichte der alten Währungen
Egal ob Gulden, Franc, Drachme, Schilling, Escudo, Peseta oder die Lira, rund zwei Drittel der 29 europäischen Währungen sind seit der Einführung des Euro verschwunden. Weitere sollen folgen. Für Viele hängen vor allem Urlaubs-Erinnerungen an den Geldstücken und -scheinen. Ein Blick in die Geschichte der alten Währungen zeigt aber auch, dass sie weit mehr waren als nur Zahlungsmittel – oft galten sie als Symbol für politische Macht und Kampf um Unabhängigkeit.
Der Gulden – älter als die Niederlande
Der Gulden gehört zu den ältesten Währungen Europas. Die erste Münze wurde schon im Jahr 1387 geprägt. Damit ist die ehemalige Währung der Niederlande mehr als 200 Jahre älter als das Land selbst. Und wie in vielen anderen Ländern, war auch der Gulden einst Symbol von Herrschaft und Kampf um die Freiheit: Nachdem Frankreich im Jahr 1795 die Herrschaft über die Niederlande erlangt hatte, zierte das Portrait von Königs Louis Bonaparte, eines Bruders Napoleons, die Münze. Mit der Unabhängigkeit der Niederlande im Jahr 1830 und der Gründung der niederländischen Notenbank Mitte des 19. Jahrhunderts wurden erstmals eigene Banknoten ausgeben.
Der Gulden ist übrigens noch nicht vollständig verschwunden: Auf den ehemaligen Niederländischen Antillen hat er sich länger gehalten als im Mutterland. Die Überseegebiete der Niederlande wurden zwar 2010 aufgelöst und als Folge dessen auf vielen Inseln der US-Dollar eingeführt; auf St. Marteen und Curaçao bezahlt man jedoch weiterhin mit dem Antillen-Gulden. Die Niederländer selbst haben noch bis zum 1. Januar 2032 Zeit, ihre alten Geldscheine umzutauschen.
Der Schilling oder: „Alpen-Dollar“
Der Schilling wurde erst im Jahr 1925 eingeführt und war somit eine der spätesten Währungen Europas. Grund für die Einführung des Schillings war eine schwere Inflation, die 1918 nach dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie einsetzte und die damalige Währung, die Krone, entwertete. Später entwickelte er sich zu einer der stabilsten Währungen Europas. Das brachte ihn auch den Spitznamen „Alpen-Dollar“ ein.
Zur Währungsumstellung 2002 schickte die Österreichische Nationalbank seine Mitarbeiter mit einem Bus quer durchs Land, damit die Leute bequem ihre alte Währung wechseln konnten. Der Bus ist übrigens immer noch unterwegs, auch weil es bislang keine Deadline für den Umtausch gibt.
Der Franc – Symbol der Freiheit
Die Wurzeln des Francs liegen in Franken. Der germanische Stamm hat durch die Eroberung des Landes westlich des Rheins auch den Namen geprägt: Frankreich. Auf die erste Goldmünze prägte König Jean II Le Bon seinen Titel Francorum rex – „König der Franken“. Der Name hatte noch eine andere Bedeutung für den Franc: Die neue Währung wurde geschaffen,
um ihn während des Hundertjährigen Krieges aus England freizukaufen. Somit wurde der Franc zum Symbol der Freiheit – denn „franc“ bedeutet eben auch „frei“. Die Floskel „Frank und frei“ hat sich zudem bis heute im Deutschen erhalten.
König Louis XIII ersetzte den Franc kurz vor seinen Tod im Jahr 1643 zwar durch den „Louis d’or“, die neue Währung sollte jedoch nur 150 Jahre halten. Infolge der Französischen Revolution kam es zur Renaissance des Franc: Neben dem König selbst, sollte auch sein Name verschwinden. Die wichtigste Neuerung der Revolutionäre war allerdings eine andere: Sie führten die erste europäische Dezimalwährung ein. Damit entsprach ein Franc zehn décimes oder hundert centimes und wurde zum Vorbild für moderne Währungen.
Die Lira oder: im Urlaub Millionär
Der Italien-Urlaub machte aus Touristen Millionäre. Für eine Woche mit der Familie im Vier-Sterne-Hotel musste man schon mal 1,2 oder 1,5 Millionen Lire bezahlen. Und weil die Scheine besonders groß waren, reichte ein schnödes Portemonnaie oft nicht aus, um ausreichend Bargeld dabei zu haben.
Die Lira war mit der Gründung des Königreiches Italien 1861 zur Landeswährung aufgestiegen. Als sie eingeführt wurde, war die höchste Banknote der Tausender. Im Laufe der Zeit kamen immer wieder neue Noten dazu. Grund dafür war die hohe Inflation der 1970er und 80er Jahre. Die höchste Banknote wurde 1997 herausgegeben: ein 500.000 Lire-Schein.
Anders als andere Länder setzte Italien eine kurze Frist für den Umtausch von Lire in Euro. Diese endete am 30. November 2011. Seitdem schlummern etliche Millionen in den Schubladen und Schränken von Italienern und Touristen.
Auf der iberischen Halbinsel: Escudo und Peseta
Wer Urlaub auf der iberischen Halbinsel gemacht hat, kam an den beiden Währungen nicht vorbei: Kein „Cerveza“ oder Wein, keine Paella und keine Tapas ohne Escudo und Peseta. Beides sind recht junge Währungen. Die Peseta wurde 1869 zum allgemeinen Zahlungsmittel Spaniens, der Escudo löste erst 1914 den hunderte Jahre alten Real ab.
Die Peseta war Teil der im Jahr 1865 auf Bestreben Frankreichs gegründeten Lateinischen Münzunion, einer Währungsgemeinschaft, die von 1865 bis 1914 und formal sogar bis Ende 1926 zwischen einigen Ländern Europas bestand.
Peseta leitet sich vermutlich vom Katalanischen „peceta“ ab und bedeutet „kleines Stück“. Neben Spanien wurde auch in Andorra mit Pesetas gezahlt, parallel zum Französischen Franc. Wer noch „Pesos“ besitzt und sie nicht aus nostalgischen Gründen behalten möchte, der sollte sich langsam Gedanken machen: Die spanische Nationalbank plant, den Umtausch zum 31. Dezember 2020 einzustellen.
Für den Escudo hat man ein paar Tage länger Zeit. Stichtag für den Umtausch ist der 28. Februar 2022. Die Bedeutung von Escudo ist übrigens „Schild“, das auch auf der portugiesischen Flagge zu sehen ist. Die ehemalige Kolonialmacht Portugal führte die eigene Währung in Übersee ein: So zahlte man zeitweise in Mosambik und Ost-Timor mit lokalen Escudo-Varianten. Als einzige ehemalige Kolonie hat der Inselstaat Kap Verde im Atlantik den Escudo bis heute behalten.
Die Drachme – eine der ältesten Währungen der Welt
Schon 500 Jahr vor Christi wurde im antiken Griechenland mit Drachmen bezahlt. Dadurch konnte die Bevölkerung Naturalien und Güter tauschen. Jahrhundertelang war die Währung im gesamten hellenischen Kulturkreis verbreitet, ehe sie mit der Besatzung von Römern, Byzantinern und Türken verschwand. Die moderne Drachme wurde erst 1831 eingeführt, ein Jahr, nachdem Griechenland wieder ein eigenständiger Nationalstaat geworden war. 1868 traten auch die Griechen der Lateinischen Münzunion bei.
Ganz verschwunden ist die Drachme auch nach der Währungsunion nicht: Die ehemalige Unter-Einheit Lepto, im Plural Lepta (1 Drachme = 100 Lepta) haben die Griechen als Bezeichnung für den Euro-Cent übernommen und auf die Rückseiten der griechischen Euromünzen geprägt.
Noch gültige Währungen
Insgesamt haben nur rund die Hälfte aller Währungen innerhalb der EU überlebt. In 9 von 28 Mitgliedsstaaten der Eurozone kann oder muss man mit der eigenen Währungen zahlen: Schweden und Dänemark haben ihre Kronen behalten, in Polen wird man wohl noch mindestens bis Mitte des nächsten Jahrtausends mit dem Zloty bezahlen müssen. In Ungarn etwa ist Forint die offizielle Währung, doch die meisten Gastwirte, Hotelbesitzer oder Händler freuen sich, wenn die Kunden ihre Rechnungen in Euro zahlen. In anderen Ländern des Balkans hat sich der Euro ebenfalls als inoffizielle zweite Währung etabliert.
Kürzlich hat der Bankenverband unsere alten Währungen in einer Serie ausführlich vorgestellt. Wer wissen möchte, wie viele Gulden, Lire oder Schillinge man heute für einen Euro bekommen würde, der kann außerdem den historischen Währungsrechner des Bankenverbandes anwerfen.
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