Thema: Menschen | Datum: 06.02.2018

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Vom Traumhüter zum Traumjob: Wie ein Ex-Torhüter zum Vertriebscoach wurde

1997 als Torhüter an der Anfield Road in Liverpool, heute als Vertriebscoach bei der TARGO Versicherung AG: Lars Leese spielt nicht nur im Buch „Der Traumhüter“ die Hauptrolle, auch die Medien greifen seine Geschichte immer wieder auf. Im voila-Interview spricht über Träume, Ziele und darüber, was wirklich wichtig ist im Leben.

Lars Leese im Interview

Herr Leese, Sie kommen gerade von einem Seminar zurück und sitzen schon wieder am Schreibtisch. Haben Sie nicht manchmal Sehnsucht nach Ihrer Zeit als Profifußballer?

Nicht wirklich. Ich möchte die Zeit zwar nicht missen, aber aktuell arbeite ich in dem Job, den ich schon vor meiner Zeit als Profifußballer gelernt habe. Es ist sozusagen mein Traumjob und ich bin rundum zufrieden.

Haben Sie denn noch Kontakt zum Fußball?

Bis vor einigen Jahren war ich noch Trainer beim DSK Köln, einem Klub, der in der Bezirksliga spielt. Der Vollzeitjob lässt das aber nicht mehr zu. Seit zwölf Jahren betreue ich aber für die TARGO Versicherung AG Kunden bei Heimspielen von Borussia Mönchengladbach.

Ganz ohne Fußball geht es also doch nicht?

Nein, allerdings bin ich seit 2015 hauptberuflich als Vertriebscoach bei der TARGO Versicherung AG. Ich wollte mich breiter aufstellen. Davor habe ich ein einjähriges Studium an der Sporthochschule Köln zum Fußballlehrer absolviert. Viel von dem, was ich dort gelernt habe – wie Rhetorik, Körpersprache und Lernmethodik – kann ich auch in meinem aktuellen Job sehr gut nutzen.

Gibt es denn Gemeinsamkeiten zwischen Fußball und Ihrer jetzigen Tätigkeit?

Fußballtrainer und Vertriebscoach sind durchaus vergleichbar. Bei beiden Jobs geht es um Motivation, um Inhalte und um Wiederholungen. Entscheidend ist, dass Mitarbeitern einer Versicherung ihr Job Spaß macht. Sie müssen einerseits locker bleiben und sollen andererseits in ihren Gesprächen Begeisterung vermitteln. Bei den Schulungen dient der Fußball oft als Vergleich. Es ist eine Sprache, die jeder versteht. Am Ende geht es darum, den Ball im Tor unterzubringen oder eben eine Versicherung abzuschließen. Es sind oft sechs, sieben Teilnehmer, nicht ganz eine Fußballmannschaft. Ich versuche ihnen zu erklären, wie sie sich bei Vertragsgesprächen verhalten sollen.

Ex-Torhüter Lars Leese bei seinem Job als Vertriebscoach der TARGO Versicherung AG

Welche Erfahrungen aus Ihrer aktiven Zeit helfen Ihnen besonders?

Durch meine Zeit als Torhüter habe ich gelernt, mit Druck umzugehen, mich in Extremsituationen auf das Wesentliche zu konzentrieren und auch unvorhergesehene Dinge zu meistern. Wenn man vor 40.000 Leuten in Liverpool an der Anfield-Road bestehen kann, hat man keine Angst mehr (er grinst). Prüfungsangst habe ich daher nicht mehr und bei Vorträgen bin ich selbstbewusst und locker. Und ich denke, dass ich das auch den Teilnehmern in meinen Kursen gut vermitteln kann. In meinem Leben ist vieles wirklich nicht geradlinig gelaufen, aber am Ende habe ich immer das geschafft, was ich wollte. Mit der nötigen Überzeugung und mit Lockerheit kann man viel erreichen.

Wie ist es dazu gekommen, dass Sie in der englischen Premier-League gespielt haben?

Ich war dritter Torhüter bei Bayer Leverkusen. Plötzlich bekam ich ein Angebot vom Barnsley FC, einem vergleichsweise kleinen Klub aus einer 70.000 Einwohner-Stadt nördlich von Sheffield. In 110 Jahren hat der Verein nur einmal in der obersten Klasse gespielt und ich war ausgerechnet in dem Jahr dabei. Zunächst war ich nur Ersatz. Als sich der Stammtorhüter in einem Spiel verletzt hat, stand ich plötzlich im Tor. Und dann kam auch noch das Spiel an der Anfield-Road in Liverpool, das wir 1:0 gewonnen haben. Es war wie im Traum. Das war so als würde Darmstadt 98 bei Bayern München gewinnen. Heute noch sprechen mich gestandene Nationalspieler an, die neidisch sind, weil sie ein vergleichbares Erlebnis in ihrer Karriere nicht hatten (er schmunzelt).

Der Fußballjournalist Ronald Reng hat Ihre Geschichte in dem Buch „Der Traumhüter“ nacherzählt. Wie ist es dazu gekommen?

Ronald Reng war damals in England als Sportjournalist unter anderem für die Süddeutsche Zeitung tätig. Er war immer auf der Suche nach Geschichten und da bot sich meine Story an, da meine Karriere völlig anders verlief als die eines „normalen“ Fußballers. Ronald Reng lebte damals in London und hat mich dann mehrfach in Barnsley besucht. Daraus hat sich eine Freundschaft entwickelt. Später kam schließlich die Idee zum Buch. Dass es so erfolgreich sein würde, konnten wir damals nicht ahnen. Im Jahr 2004 ist es in England zum Sportbuch des Jahres gewählt worden. Ein Fußballbuch eines deutschen Autors über einen deutschen Torhüter im Mutterland des Fußballs. So etwas ist eigentlich undenkbar. Später erschien noch eine Hörbuchfassung mit Marcel Reif als Sprecher. Das Ganze macht mich natürlich unheimlich stolz.

Spielt die Geschichte auch bei den Schulungen eine Rolle?

Ich gehe dort eher defensiv mit meiner Fußballkarriere um, da es vom eigentlichen Gegenstand ablenken würde. Bei den Schulungen versuche ich immer, meinen aktuellen Beruf in den Vordergrund zu stellen. Natürlich gibt es Leute, die sich für Fußball interessieren und meine Karriere kennen. In den Pausen unterhalten wir uns dann auch darüber.

Herr Leese, vielen Dank für das Gespräch.

Möchten Sie mehr erfahren? Lesen Sie hier einen Artikel über Lars Leese aus der Rheinischen Post.

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