Thema: Finanztipps | Datum: 27.07.2023

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Marktkommentar von TARGOBANK Chefvolkswirt Otmar Lang

Brexit, EZB- und FED-Entscheidungen – TARGOBANK Chefvolkswirt Otmar Lang kommentiert regelmäßig das aktuelle Geschehen rund um die Wirtschaftslage.

TARGOBANK Chefvolkswirt Otmar Lang zur aktuellen Wirtschaftslage

Düsseldorf, 27. Juli 2023

„Die Tür für eine weitere geldpolitische Verschärfung bleibt offen.“

Zum neunten Mal seit Sommer 2022 hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen für den Euro-Raum erhöht. Ähnlich wie die amerikanische FED setzte die EZB damit ihren geldpolitischen Kurs fort. Die Federal Reserve hatte am Mittwochabend bereits ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöht.

Die EZB reagiert damit auf die weiterhin hohe Inflation in der Euro-Zone. Anders als auf der letzten Pressekonferenz hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde einen weiteren Zinsschritt auf der nächsten Ratssitzung nicht mehr quasi vorgezeichnet. Damit hat sie aber noch nicht das Ende des aktuellen Zinsanhebungzykluses angedeutet. Die Tür für eine weitere geldpolitische Verschärfung zu einem späteren Zeitpunkt bleibt offen. Denn obwohl der Preisdruck insgesamt schon deutlich nachgelassen hat, erweist sich die Kerninflationsrate als überraschend hartnäckig.

Lagarde steht mit dieser Auffassung nicht alleine da. Der IWF hatte sich in seinem in dieser Woche veröffentlichten Weltwirtschaftsausblick so lange für die Beibehaltung eines restriktiven geldpolitischen Kurses stark gemacht, bis die Kerninflationsrate deutlich und nachhaltig gesunken ist. Diese Aussage passt exakt auf die Situation in der Eurozone, allerdings mit dem feinen Unterschied, dass der IWF für die Weltkonjunktur eine leichte Aufhellung sieht, wogegen das Wachstum in Europa schwach bleibt und der IWF Deutschland sogar in der Rezession sieht.

Eine konjunkturelle Besserung zeichnet sich für Europa im laufenden Jahr nicht wirklich ab, wie die schwachen Stimmungsindikatoren, insbesondere für Deutschland, aber auch die nachgebende Kreditnachfrage für den Euroraum signalisieren. Deshalb täte Europa eine Zinspause gut, wobei offen ist, ob diese gleichzeitig das Ende im aktuellen Zinsanhebungszklus implizieren würde.

Die EZB bringt sich also in eine angenehm flexible Ausgangsposition – das gab es in der Vergangenheit nicht oft.

Marktkommentar: Archiv seit 2021

Wie erwartet hat die EZB den Hauptrefinanzierungssatz und den Einlagensatz um jeweils 0,25 Prozentpunkte auf 4,00% bzw. 3,50% erhöht. Die geldpolitische Verschärfung wurde mit der immer noch sehr hohen Kerninflationsrate sowie der anhaltend günstigen Entwicklung am Arbeitsmarkt begründet.

Die hohe Kerninflationsrate ist auch der Grund, warum die EZB an ihrer restriktiven Rhetorik festhält. Dabei könnten die Konjunkturdaten in Europa aktuell kaum schlechter ausfallen. Besonders Deutschland bereitet Sorgen. Infolgedessen hat sich auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde heute eher bedeckt gehalten.

Allerdings ist ein Zinsschritt im Juli weiterhin wahrscheinlich. Nur wenn die Konjunkturdaten im Euroraum in den kommenden Wochen weiterhin schwächer ausfallen als prognostiziert, wäre die Chance für eine europäische Zinspause gegeben. Das Zauberwort heißt: „data dependant“.

Die amerikanische Notenbank FED hat gestern den Anker geworfen und den Leitzins auf den höchsten Stand seit 16 Jahren geschraubt. Der Zinsanhebungszyklus dürfte somit in den USA ein Ende erreicht haben. Davon kann in Europa noch keine Rede sein. Mit einer Erhöhung von 0,25 Prozentpunkten tut die EZB heute nur, was sie tun muss. Am Ende der Reise ist sie damit aber längst noch nicht.

Ein Blick auf die Inflationsdaten zeigt das ganze Dilemma: Die Differenz zwischen Ziel- und Ist-Inflationsgrößen ist in Europa immer noch indiskutabel hoch. Insbesondere die Kerninflationsrate hat noch nicht wirklich den Rückwärtsgang eingelegt. Auch bei der Jahresveränderungsrate erscheint der Wendepunkt noch nicht eindeutig erreicht.

Klar ist: Europa kann nicht zu einer Insel der ökonomisch Glückseligen werden, wenn in den USA eine latente Bankenkrise lauert, in China erste Anzeichen einer Wirtschaftsschwäche erkennbar sind und der Goldpreis als prominentester Krisenindikator unverändert weiter nach oben zeigt.

So wird die Europäische Zentralbank notgedrungen auch im Juni und vielleicht auch noch im Juli die Zinsen weiter anheben müssen. Doch sie muss in ihrer Wortwahl zukünftig sehr vorsichtig agieren. Denn je rigoroser sie noch ausstehende Zinsverschärfungen ankündigt, umso mehr steigert sie die Attraktivität des Euros. Ein fester Euro kann im aktuellen Umfeld aber nicht im Interesse der Zentralbank liegen.

EZB-Chefin Christine Lagarde braucht in den kommenden Monaten also viel Fingerspitzengefühl, um die unangenehmen Botschaften möglichst defensiv zu verpacken. Einen Vorgeschmack davon hat sie heute schon gegeben und die Leitzinsen nur um 0,25 Prozentpunkte angehoben.

 

Um die Inflation zu bekämpfen, hat die EZB heute den Leitzins noch einmal um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Und das, obwohl nach der Pleite der US-amerikanischen Silicon Valley Bank und dem Absturz zahlreicher Bankaktien auch in Europa die Stimmen laut wurden, die EZB möge wegen der Finanzstabilität jetzt auf diesen Schritt verzichten.

Aktuell wird sichtbar, welche Kollateralschäden sehr schnelle und starke Zinsanhebungen mit sich bringen können: Sie erschweren Geschäftsbanken, ihre kurzfristigen Geldanlagen in langfristige Kredite zu transferieren. Denn die Zinsen in den kurzen Laufzeiten übersteigen die Renditen in den langen Laufzeiten. So passiert in den USA, wo im Pleite-Sog der Silicon Valley Bank – die immerhin zu den größten 16 Banken des Landes gehört – bereits zwei weitere Institute zahlungsunfähig wurden. Klar ist aber auch: Die Probleme waren bekannt und es sind – wie auch im Falle der Credit Suisse – Einzelfälle, die die Bankenbranche weder in den USA noch woanders ins Wanken bringen werden.

Doch wie geht es jetzt weiter?

Europas Währungshüter haben mit dem heutigen Schritt eine härtere Gangart eingeschlagen als angenommen – und sich eben nicht auf eine Verschiebung oder Aussetzung des Zinserhöhungszyklus verständigt. Das war sehr mutig, aber auch sehr richtig. Notenbanken sind in allererster Linie der Geldwertstabilität verpflichtet. Der Hinweis, einen Baukasten zur Liquiditätsversorgung der Finanzsysteme jederzeit bereit stellen zu können, sollte den Marktturbulenzen entgegenwirken, obgleich die Finanzmärkte vom heutigen Zinsschritt negativ überrascht wurden.

Es war klar, dass die Europäische Zentralbank (EZB) heute die Leitzinsen um 50 Basispunkte anhebt. Die viel spannendere Frage ist, wie lange der strenge monetäre Kurs noch weitergeht – weitergehen muss!

Die Inflationsentwicklung gibt zumindest bisher keinen Anlass zur Entwarnung. Die Verbraucherpreise in der Eurozone sinken zwar – und das zuletzt auch stärker als erwartet. Doch die Kernrate, also die Preise ohne Energie und Lebensmittel, liegen jetzt den vierten Monat in Folge bei 5 % oder sogar darüber – ein Hinweis darauf, dass sich der Preisauftrieb verfestigt. Diesen muss die EZB bekämpfen und daher dürfte sie vorerst ihren Kurs beibehalten.

Doch größere Zinssprünge von mehr als 50 Basispunkten wird die EZB aus Sorge um die Konjunktur vermeiden. Denn obwohl sich die wirtschaftliche Lage besser entwickelt als prognostiziert, gilt sie aktuell immer noch als labil. Immerhin nimmt die Aussicht auf positive Konjunkturüberraschungen im Euroraum und insbesondere in Deutschland seit einigen Wochen zu. Nach Einschätzung des IWF kann Deutschland 2023 sogar eine Rezession, die noch im Oktober 2022 vorhergesagt wurde, vermeiden.

Europas Währungshüter müssen vor allem stetiges und konsequentes Handeln demonstrieren. Aber mit Geldpolitik allein lässt sich nun mal nicht jedes Problem lösen – zumal sie nur mit großer Verzögerung wirkt. Daher ist es durchaus möglich, dass die EZB nach dem März-Termin eine Zinspause einlegen wird. Diese würde auch dazu beitragen, die Aufwertung des Euros zu bremsen. Seit September hat der zum US-Dollar bereits rund 15 % gewonnen. Eine Entwicklung, die zwar den Preisauftrieb dämpft, aber für den Konjunkturausblick nicht sonderlich förderlich ist.

Die Europäische Zentralbank hatte heute keine Wahl: Wenn die Teuerung in Europa durchschnittlich fünfmal so hoch ist wie es das EZB-Ziel vorschreibt, bleibt nur die geldpolitische Straffung. Somit haben Europas Währungshüter den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte angehoben. Es hätte allerdings auch vieles für einen größeren Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten gesprochen. Auf diesen hat die EZB jedoch verzichtet, weil sie ab März 2023 ihren Anleihenbestand reduzieren wird. Die über Jahre aufgeblähte Bilanz soll so verkürzt werden – ein überfälliger Schritt! Denn die aggressivste Zinserhöhungspolitik seit Schaffung der EZB und bis dato unveränderte geldpolitische Stimuli passen nicht zusammen. Beim Autofahren steht man ja auch nicht gleichzeitig mit einem Fuß auf dem Gaspedal und mit einem auf der Bremse.

Eigentlich hätte EZB-Chefin Christine Lagarde aber auch doppelt Gas geben können: Mit einem Jumbo-Zinsschritt und einem sofortigen Einstieg in die Straffung der Bilanz. Zwar befeuert jede monetäre Verschärfung das Rezessionsrisiko in Europa, aber de facto läuft die europäische Konjunktur seit Monaten besser als erwartet, und auch die vorausschauenden Stimmungsindikatoren erholen sich. Der teilweise befürchtete Konjunkturabsturz scheint auszufallen.

Wie geht es also weiter? Der Einstieg in die Bilanzverkürzung ist Neuland für die EZB. Und er ist mit Risiken verbunden. Die vielen Krisen um Finanzmärkte, Staatsschulden und Covid haben die EZB in den vergangenen Jahren immer wieder in die Nähe der monetären Staatsfinanzierung gerückt. Nun ist es an der Zeit, dass sich Europas oberste Währungshüter wieder um sich selbst kümmern: Neben einer Normalisierung der Zinsen gehört dazu eben auch die Entrümpelung der eigenen Bilanz. Die hätte allerdings auch etwas schneller starten können.

Die Europäische Zentralbank hatte heute keine Wahl: Wenn die Teuerung in Europa durchschnittlich fünfmal so hoch ist wie es das EZB-Ziel vorschreibt, bleibt nur die geldpolitische Straffung. Somit haben Europas Währungshüter den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte angehoben. Es hätte allerdings auch vieles für einen größeren Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten gesprochen. Auf diesen hat die EZB jedoch verzichtet, weil sie ab März 2023 ihren Anleihenbestand reduzieren wird. Die über Jahre aufgeblähte Bilanz soll so verkürzt werden – ein überfälliger Schritt! Denn die aggressivste Zinserhöhungspolitik seit Schaffung der EZB und bis dato unveränderte geldpolitische Stimuli passen nicht zusammen. Beim Autofahren steht man ja auch nicht gleichzeitig mit einem Fuß auf dem Gaspedal und mit einem auf der Bremse.

Eigentlich hätte EZB-Chefin Christine Lagarde aber auch doppelt Gas geben können: Mit einem Jumbo-Zinsschritt und einem sofortigen Einstieg in die Straffung der Bilanz. Zwar befeuert jede monetäre Verschärfung das Rezessionsrisiko in Europa, aber de facto läuft die europäische Konjunktur seit Monaten besser als erwartet, und auch die vorausschauenden Stimmungsindikatoren erholen sich. Der teilweise befürchtete Konjunkturabsturz scheint auszufallen.

Wie geht es also weiter? Der Einstieg in die Bilanzverkürzung ist Neuland für die EZB. Und er ist mit Risiken verbunden. Die vielen Krisen um Finanzmärkte, Staatsschulden und Covid haben die EZB in den vergangenen Jahren immer wieder in die Nähe der monetären Staatsfinanzierung gerückt. Nun ist es an der Zeit, dass sich Europas oberste Währungshüter wieder um sich selbst kümmern: Neben einer Normalisierung der Zinsen gehört dazu eben auch die Entrümpelung der eigenen Bilanz. Die hätte allerdings auch etwas schneller starten können.

Aktuell hofft die EZB mit ihrer harten Linie weiterhin ein Ausufern der Inflationserwartungen an den Finanzmärken verhindern zu können. Die Chancen stehen hierfür nicht schlecht. Die Energiepreise, vor allem der Gaspreis, sind auf dem Rückzug. Allein schon ihre Stabilisierung begrenzt einen weiteren Inflationsanstieg. Ihr überraschend schneller Rückgang lässt bereits heute auf eine Verringerung der Teuerungsrate spätestens in 2023 um mindestens vier Prozentpunkte schließen – wenn sich der Rückgang als dauerhaft herausstellen sollte. So sind bisher auch nur Anfänge einer Lohn-Preis-Spirale auszumachen, flächendeckend ist diese noch nicht losgetreten. Der EZB-Rat hofft, nachdem er die Zinsen heute nochmals um 0,75 Prozentpunkte erhöht hat und diese im Dezember abermals dann vielleicht nur noch um 0,50 Prozentpunkte nach oben schleust, dass der Job erledigt ist.

Ob der EZB-Rat so viel Glück haben wird und sich 2023 alles zum Guten wendet, ist noch nicht abzusehen. Auch wenn die Inflationsrisiken abnehmen sollten, die Gefahr einer mittelschweren Rezession im Euroraum steigt schneller und manifestiert sich mit fast allen Datenveröffentlichungen zur aktuellen Konjunkturentwicklung immer mehr. Doch dass die hohen Inflationsraten mittelfristig eine sehr hartnäckige Wachstumsbremse sind, haben inzwischen auch die Tauben im EZB-Rat verinnerlicht. So zieht der ganze Rat in der aktuellen Lage kontinuierlich am gleichen Strang und gibt damit ein entschlossenes Bild ab. Damit ist noch kein erfolgreiches Handeln garantiert, aber es sieht erfolgsversprechend aus. Die Angst vor der Rezession in 2023 hat sie alle in die gleiche Spur gebracht.

Die Europäische Zentralbank hat heute den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte erhöht und hält sich die Tür für weitere Zinsschritte in den kommenden Monaten weit offen. Bravo! Offensichtlich haben inzwischen auch die Tauben – also die Verfechter einer lockeren Geldpolitik – begriffen, dass längst nicht mehr nur die Reputation von EZB-Chefin Christine Lagarde auf dem Spiel steht, sondern dass die gesamte Institution ihre Glaubwürdigkeit verliert. Nämlich dann, wenn es ihr nicht gelingt, die langfristigen Inflationserwartungen wieder zu stabilisieren und die Abwärtsspirale des Euro zu brechen.

Doch die Herausforderungen sind groß, vielleicht sogar riesig: Das Inflationsproblem im Euroraum können die Währungshüter nicht aus eigener Kraft lösen. Denn mit monetären Mitteln lassen sich weder Energiereserven herzaubern, noch Energiepreise senken, noch die Dauer der Energiekrise verkürzen. Zudem steht der Euroraum vor einer Rezession, die vielleicht nicht so stark ausfällt wie beim Ausbruch der Corona-Pandemie, dafür aber deutlich länger anhalten kann.

In diesem extrem schwierigen Umfeld scheint die EZB jetzt endlich richtig zu handeln. Sie nutzt den zeitlichen Spielraum, den sie bis zum Ausbruch dieser Rezession hat, um die Zinsen deutlich nach oben zu schleusen. Ein Anfang ist gemacht.

Die EZB hat den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte erhöht. Sie konnte nun wirklich nicht mehr anders. Denn wie hätte die europäische Notenbank erklären sollen, dass trotz Inflationsraten von über 8 Prozent die Leitzinsen im Euroraum immer noch keiner Anpassung bedürfen?

Die Glaubwürdigkeit der EZB ist ohnehin erschüttert. Mit Ausnahme von Japan haben längst alle anderen bedeutenden Notenbanken gehandelt.

Ist die Zinsanhebung von heute also eine Entscheidung wider Willen? Zumindest könnte man weiterhin den Eindruck haben, dass die EZB im Herzen keine wirkliche Verschärfung der Geldpolitik wünscht. Denn warum sonst sollte sie – wie heute offiziell geschehen – ein neues geldpolitisches Instrument vorstellen, um eine sogenannte Fragmentierung des Rentenmarktes zu verhindern?

Die politischen Motive der europäischen Geldpolitik sind mehr als sichtbar. Was die Finanzmärkte davon halten, auch: Der Eurokurs schwächelt weiter. Dass es einmal soweit kommen würde, hätten sich die deutschen Gründerväter des Euro nie vorstellen können.

Die geldpolitische Wende ist eingeleitet: Das Hase und Igel-Spiel – der Wettlauf Inflation gegen EZB – nimmt Fahrt auf. Nachdem sich Christine Lagarde lange gesträubt hatte, die hohen Inflationsraten als ein ernsthaftes Problem anzuerkennen, verkündete sie Ende Mai ein Ende der negativen Zinssätze noch im dritten Quartal. Heute wurde sie präziser: Die Zinsen sollen im Juli um 0,25 Prozentpunkte ansteigen, weitere Schritte in den folgenden Sitzungen sind wahrscheinlich.

Zumindest für die Finanzmärkte kommt der Schwenk der obersten Währungshüterin zu spät. Viele Banken preisen bereits für 2023 eine Rezession ein. Kommt diese tatsächlich – und die Wahrscheinlichkeit steigt zurzeit täglich – hat die EZB nicht viel Zeit, um ihre geldpolitische Wende umzusetzen. Die angedachten Zinsschritte geben Europas Währungshüterin nur ein kleines Sicherheitsnetz, um im Falle einer nachlassenden Konjunktur im kommenden Jahr die Zinsen wieder zu senken.

Es zeichnet sich ein klassischer Hase-Igel Wettlauf gegen die Inflation ab, den die EZB bereits am Start zu verlieren scheint. So sehr man ihr zum vollzogenen geldpolitischen Schwenk gratulieren möchte, so nahe liegt das Bedauern, dass sie damit eventuell zu spät dran ist.

Die US-Notenbank hat zweifelsohne aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt. In der Coronapandemie hatte sie es versäumt, auf die sehr laxe US-Fiskalpolitik geldpolitisch zu antworten. Jetzt korrigiert sie das mit dem wohl straffsten geldpolitischen Anpassungskurs seit mehr als 30 Jahren.

Die heutige Anhebung der US-Leitzinsen um 0,50 Prozentpunkte war keine Überraschung, auch die Ankündigung einer Verkürzung der US-Notenbankbilanz nicht. Der geldpolitische Ausblick der FED entsprach ebenfalls weitestgehend den Erwartungen. Die Leitzinsen werden in den kommenden Monaten weiter steigen, wahrscheinlich zunächst um jeweils 50 Basispunkte. Der starke Anstieg des US-Lohnkostenindex auf das höchste Niveau seit mehr als 20 Jahren ist dabei das stärkste Argument.

Wo liegen die Risiken? Die US-Inflation könnte in den kommenden Monaten wider Erwarten weiter ansteigen und die US-Leitzinserwartungen noch stärker nach oben katapultieren. Denn kurzfristig sieht es nicht nach einem Ende des Kriegs in der Ukraine aus, eine immer stärkere Sanktionierung russischer Energie ist also wahrscheinlich. Zudem könnte sich der anhaltende Lockdown in Peking auf andere chinesische Großregionen ausweiten, was die Lieferengpässe in der westlichen Welt massiv verschärfen würde.

Der FED könnte es also gelingen, trotz hoher Inflationsraten zumindest die Inflationserwartungen wieder rasch in den Griff bekommen. Wenn der mittelfristige Preis-Ausblick eine Besserung verspricht, ist das für die Kapitalmärkte eine gute Nachricht. Erst im ersten Halbjahr 2023 dürfte sich dann zeigen, ob die US-Konjunktur durch diese Maßnahmen vollends abgewürgt wird.

Insgesamt hat die aktuelle Notenbankpolitik der FED zur Bekämpfung des Preisauftriebs sehr gute Noten verdient. Die EZB sollte sich daran ein Beispiel nehmen: Frau Lagarde, so geht das!

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen bei -0,5 Prozent belassen – und das bei Inflationsraten von knapp 8 Prozent. Eigentlich ein untragbarer Zustand. Was die Finanzmärkte jetzt brauchen, sind Taten, nicht nur Worte. Ja, es findet sich immer ein Grund, die Zinsen nicht anzuheben. Ja, es ist völlig offen, wie sich der Ukraine-Krieg auf die Konjunktur und insbesondere ein kompletter Energie-Import-Stopp aus Russland auswirkt. Doch korrigieren, wenn es notwendig ist, kann man immer noch.

Die EZB braucht dringend einen Befreiungsschlag. Die europäischen Währungshüter sollten sich an der Vorgehensweise der Fed ein Beispiel nehmen. Die amerikanische Notenbank lässt seit Wochen sehr deutlich durchklingen, dass für sie der Kampf gegen die Inflation klar im Vordergrund steht. Befindlichkeiten auf dem Aktienmarkt, die in der Vergangenheit durchaus eine wichtige Rolle gespielt hatten, scheinen zweitrangig. Auch Konjunkturbedenken werden vorerst weggewischt. Diese Vorgehensweise signalisiert Null-Toleranz mit der aktuellen US-Preisentwicklung und das eindeutige und primäre Ziel, die Inflationserwartungen schnellstmöglich zu dämpfen und damit auch den Inflationsdruck zu brechen.

Diese Botschaft fehlt der EZB. Zwar werden die Inflationsgefahren inzwischen klar umrissen. Auch die Bereitschaft, sich gegen den Preisauftrieb zu stemmen, ist deutlich. Doch es wird immer noch zu viel taktiert, abgewogen und letztendlich aufgeschoben. So lässt sich eine Lohn-Preis-Spirale im Euroraum perspektivisch nicht aufhalten oder gar verhindern. Dafür hätte EZB-Chefin Christine Lagarde heute klare Ansagen mit klaren Handlungsvorgaben machen müssen. Dann hätte sie sich – ähnlich wie die Fed – auch den Respekt an den Finanzmärkten zurückerobert.

Solange sich die EZB nicht endlich auf die ersten Zinsschritte festlegt, vergrößert sie den Schlamassel, in den sie sich gleichzeitig immer weiter hineinmanövriert.

Die EZB probiert die Quadratur des Kreises. Zum einen will sie ihr Anleiheankaufprogramm schneller zurückfahren als bisher geplant. Zum anderen aber hat sie kein Enddatum für die Anleihekäufe definiert. Außerdem will sie mehr Zeit zwischen der Beendigung des Quantitative Easings und der ersten Zinserhöhung verstreichen lassen. Zuletzt wurde dieser Zeitraum noch mit „bald“ (shortly) umschrieben. Jetzt heißt es: „mehr Zeit“ (some time). Was das aber genau bedeutet, bleibt offen. Klar ist nur: Der geldpolitische Ton der EZB ist rauher geworden.

Offensichtlich gibt es in der EZB zwei Lager: Die einen streben eine baldige geldpolitische Verschärfung an, die anderen wollen – auch wegen des Ukraine-Konflikts – abwarten. Die heutigen Formulierungen von Christine Lagarde erwecken den Eindruck, dass die Falken, also die Gruppe, die eine geldpolitische Verschärfung in näherer Zukunft wünschen, weiter an Einfluss gewinnen.

Die heutige Botschaft scheint auf den ersten Blick etwas verworren. Doch bei der Betrachtung der EZB-Statements in den letzten Wochen und Monaten ist eine klare Linie zu erkennen: Ihre Handlungsbereitschaft, die Geldpolitik zu verschärfen wird von Monat zu Monat größer. Daran hat auch der Ukraine-Konflikt nichts geändert, der eigentlich etwas mildere Formulierungen zur kurzfristigen Ausrichtung der Geldpolitik hätte erwarten lassen. Dass diese nicht kamen, ist möglicherweise ein Hinweis darauf, dass die EZB die Inflationsgefahren lange Zeit nicht ernst genug genommen hat.

Die EZB hat begriffen: Sie hat auf ihrer heutigen Sitzung indirekt eingeräumt, die Inflationsrisiken unterschätzt zu haben. Deshalb muss EZB-Chefin Christine Lagarde ihre bisherige geldpolitische Strategie aufgeben. Ab sofort ist eine Zinserhöhung in diesem Jahr nicht mehr ausgeschlossen. Wann diese kommt, ist allerdings noch offen. Die EZB will „flexibel reagieren“.

Diese Wendung ist ein Schritt in die richtige Richtung: Es besteht zwar nicht die Notwendigkeit, bereits im Frühjahr die Zinsen anzuheben. Schließlich zeichnet sich in Europa bisher noch keine Lohn-Preis-Spirale ab. Aber mit Lagardes Bereitschaft, wachsam zu sein und flexibel zu handeln, hat sich das Fenster für eine Verschärfung der Geldpolitik weit geöffnet. Gut so. Die EZB hat begriffen!

Die EZB hat es geschafft, sich aus ihrem Korsett der vergangenen Wochen zu befreien: Bislang hatte sie stets klar signalisiert, ihren geldpolitischen Kurs im kommenden Jahr in jedem Fall beizubehalten. Heute hat sie den Grundstein für das Auslaufen ihrer Kaufprogramme gelegt.

Dabei geht sie so defensiv vor, dass man – anders als bei der Bank of England oder der amerikanischen Notenbank FED – höchstens von einem „Richtungswechsel light“ sprechen kann. Vielmehr hält sich die EZB weiterhin alle Optionen offen.

Mit der Anpassung ihrer Ankaufsprogramme reagiert sie nur sehr vorsichtig auf die jüngste Preisentwicklung. In Europa ist die Inflation auf 4,9% gesprungen, aber sie könnte 2022 bereits im Januar den Rückwärtsgang einlegen. Hinzu kommt: Die Auswirkungen der Coronamutation Omikron kann derzeit niemand verlässlich einschätzen. Das hält die konjunkturelle Unsicherheit hoch.

Mit seinen heutigen Formulierungen hat der EZB-Rat Zeit gewonnen, um zu einem späteren Zeitpunkt eine Nachschärfung – in die eine oder andere Richtung – beschließen zu können. So macht er es innerhalb der EZB aktuell Tauben und Falken gleichermaßen Recht – und ist dabei geldpolitisch noch nicht so festgelegt wie die Kollegen bei der britischen oder der amerikanischen Notenbank.

Die EZB hat alle wichtigen Fragen – allem voran die Entscheidung über die Zukunft der Anleiheankäufe – auf ihre Dezember-Sitzung gelegt. Und das, obwohl die Inflationserwartungen in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen sind. Das hätte für eine Verschärfung der monetären Tonlage gesprochen. Andererseits sind die Stimmungsindikatoren mindestens genauso stark nach unten gegangen. Und das spielt den EZB-Tauben in die Hände, die eine eher lockere, konjunkturstimulierende Geldpolitik vorziehen, auch wenn diese die Preise treibt.

Unter den großen Notenbanken ist die EZB der größte Zinsbremser. Das BIP-Wachstum im Euroraum wird im letzten Quartal des Jahres 2021 möglicherweise sogar negativ ausfallen. Unter diesen Umständen fiel es der obersten Währungshüterin Christine Lagarde heute leicht, den Kurs des braven Abwartens beizubehalten, ohne auch nur einen neuen Akzent zu setzen oder anzudeuten.

Der größte Befürworter einer Änderung der Geldpolitik, Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, hat seinen Abgang angekündigt. Man könnte daraus schließen, dass es für die EZB dann noch einfacher wird, ihren lockeren monetären Kurs sogar bis ins nächste Jahr hinein fortzusetzen. Aber nicht einmal diese Option wurde angedeutet. So sorgte die EZB heute also einfach nur für Langeweile.

Es kam, wie es kommen musste. Die EZB fährt die Anleihekäufe im Rahmen des PEPP-Programms zurück. Allerdings gab sie keinen klaren Hinweis auf eine große Richtungsänderung. Zwar ist das Programm bis Ende März 2022 befristet. Doch die EZB teilte mit, dass die Anleihekäufe so lange fortgeführt würden wie es angesichts der Corona-Krise eben nötig sei.

In der Tat ist es nur schwer zu glauben, dass sich an der geldpolitischen Ausrichtung der Europäischen Zentralbank zeitnah etwas ändern wird.

Das liegt auch daran, dass die Falken, also die Befürworter einer mehr orthodoxen Geldpolitik innerhalb der EZB, derzeit in der Minderheit sind. Gegenüber den Tauben, die an der aktuellen Ausrichtung der Geldpolitik noch länger festhalten wollen, haben sie einen schweren Stand. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat in einer Studie das Abstimmungsverhalten der EZB-Ratsmitglieder mit der Höhe der Staatsverschuldung verglichen: Aktuell verzeichnen die fünf Falken in ihren Herkunftsländern eine durchschnittliche Schuldenquote von 71 % des Bruttoinlandprodukts, während die Tauben auf durchschnittlich 133 % Schuldenquote kommen.

Da drängt sich das ungute Gefühl auf, dass die Notenbanker zwar formal die geldpolitischen Entscheidungen treffen, doch die heimischen Finanzminister am Ende den jeweiligen zinspolitischen Entscheidungsrahmen vorgeben.

Das kann im aktuellen Umfeld nur gut gehen, wenn die hohe Inflation ein vorübergehendes Phänomen bleibt. Sollten sich jedoch die weltweiten Liefer- und Versorgungsengpässe bis zum Frühjahr des kommenden Jahres nicht auflösen, könnte der Konjunkturausblick leiden. Und dann bekäme der Preisdruck eine neue Qualität. Die EZB wiederum wäre dann in einer fatalen Lage.

Fazit: Die nationale Verschuldensquote darf für die geldpolitische Strategie nicht richtungsweisend werden.

Gebannt hatten viele Marktteilnehmer in dieser Woche auf die heutige Rede von US FED-Chef Jerome Powell in Jackson Hole hingefiebert. Dabei war schon im Vorfeld klar, dass es bei der Konferenz der Notenbanker keinen wirklichen Paukenschlag geben würde. Dass die FED ihre Anleihekäufe noch in diesem Jahr zurückfahren würde, steht lange fest. Wann sie damit beginnt, ist nicht wirklich relevant. Zumindest auf die Börsen wird das genaue Timing keinen signifikanten Einfluss mehr haben. Dennoch sollte Powell spätestens auf der FED-Sitzung im September konkreter werden im Hinblick auf den Umfang und das Tempo des Taperings. Die hohe Inflation in den USA sieht er nach wie vor als „vorübergehend“ an. Schon 2022 werde man wieder bei gut 2 Prozent liegen. Die FED gibt sich damit geldpolitisch entspannter als viele Marktteilnehmer.

Die EZB-Granden hatten sich im Vorfeld der EZB-Sitzung bereits alle Mühe gegeben, die Erwartungen an die heutige Zinssitzung herunterzuschrauben: Über längerfristige Fragen der Geldpolitik zu diskutieren, sei viel zu früh und unnötig. So blieb alles beim Alten, insbesondere wurde eine Entscheidung über eine Drosselung des Rentenankaufprogramms nochmals verschoben. Es wurde vielmehr betont, dass das PEPP-Programm mit deutlich höherem Tempo als im ersten Quartal weiterläuft.

Dabei werden die Fragen, deren Beantwortung die EZB heute noch einmal ausweichen konnte, immer dringlicher! Einige Notenbanker hatten zuletzt eine Rückführung der Anleihekäufe im Rahmen des PEPP-Programms angemahnt. Das gilt umso mehr, weil sowohl eine Konjunkturbelebung als auch ein Anstieg der Inflationsraten längst Fakt sind.

Insbesondere bei der Inflation stellt sich die Frage, wie hoch diese noch steigen wird. Dass es sich beim Teuerungsanstieg eben nicht nur um Einmaleffekte handelt, dafür sprechen die anhaltend lockere Geldpolitik, die sehr laxe europäische Fiskalpolitik sowie die aufgestaute, private Nachfrage und die Knappheit bei vielen Vorleistungsgütern und Rohstoffen.

Doch die EZB wiegelt geschickt ab: Als Argument für einen lediglich temporären Preisanstieg führt sie die weniger schwankungsanfällige Kerninflationsrate an. Diese ist aktuell mit einer moderat steigenden Veränderungsrate von 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr immer noch weit vom Inflationsziel von knapp unter 2 Prozent entfernt.

Zusätzliche Brisanz bedeutet das Vorgehen der EZB für die FED. Bei der amerikanischen Notenbank wird bereits offen über das Zurückfahren der Anleihekäufe diskutiert, wenngleich eine Zinserhöhung im laufenden Jahr weiterhin kein Thema ist. Doch die Debatte in den USA ist ein Vorgeschmack auf das, was Europa mit einer Zeitverzögerung von drei bis sechs Monaten wohl noch bevorsteht. Denn Christine Lagarde wird ihren aktuellen Kurs kaum bis über den Sommer durchhalten können.

Die Europäische Zentralbank hat es allen recht gemacht: Mit ihrer heutigen Aussage zum zukünftigen geldpolitischen Kurs hat EZB-Chefin Christine Lagarde einerseits Handlungsfähigkeit demonstriert. Andererseits blieben entscheidende Fragen – etwa nach der Höhe und vor allen Dingen der Dauer der Unterstützung – unbeantwortet. So hat sie sämtliche Lager im EZB-Rat auf Kurs gebracht – und doch alle wichtigen Entscheidungen vertagt.

Mit den Aussagen von Christine Lagarde können alle Seiten gut leben. Die Falken, die geldpolitischen Hardliner, die eine zügige Rücknahme der Anleihekäufe im Rahmen des PEPP-Programms fordern. Und die Tauben, also die Zauderer, die den bisherigen Kurs noch lange beibehalten möchten.

Christine Lagardes eindeutigste Botschaft lautete heute: Eine geldpolitische Unterstützung der Wirtschaft durch die Notenbank ist auch jetzt noch – kurz vor Beginn der Erholungsphase im Herbst notwendig. Dem wird wohl niemand widersprechen. Den beiden Lagern verschafft diese Aussage außerdem Zeit, ihre Differenzen auszuräumen.

Doch spätestens im Herbst, wenn die Konjunktur wieder angesprungen ist, dürften sich die Fronten wieder verhärten. Denn dann wird die Frage aufkommen, wie stabil der Aufschwung und vor allem wie dauerhaft der Preisauftrieb ist.

Wie aber wird es geldpolitisch weitergehen? Einen Rückgang der Nettoanleihekäufe erwarten wir erst für das vierte Quartal 2021. Und ein Auslaufen des PEPP-Programms nicht vor Jahresmitte 2022. Sollte das zu früh gewesen sein, kann die EZB immer noch andere Programme entsprechend aufstocken. Eine Zinsanhebung dürfte so oder so noch in weiter Ferne liegen. Wir rechnen damit frühestens in 2023.

Denn auch das wurde heute wieder sehr deutlich: Die Mehrheit des EZB-Rates und insbesondere auch dessen Präsidentin stehen für einen geldpolitischen Ansatz, bei dem eher zu viel und auch zu lang Stimuli an die Wirtschaft gegeben wird.

Die Aufregung war bei der EZB in den letzten Tagen groß. Es drehte sich alles um die Frage, wie der jüngste Anstieg der Anleiherenditen abgefangen werden kann. Zahlreiche EZB-Experten hatten sich bereits im Vorfeld der heutigen Sitzung dazu geäußert und so ziemlich alles in den Raum geworfen, was an Maßnahmen möglich ist: Angefangen von einer Aufstockung der Anleihekäufe über eine Ausdehnung des Rahmens des Corona-Anleihekaufprogramms PEPP, eine Kontrolle der Zinskurve (Yield Curve Control) bis hin zur Senkung des Einlagezinssatzes.

Heute hat EZB-Chefin Christine Lagarde in der Pressekonferenz für klare Verhältnisse gesorgt. Zur Begrenzung des Renditeanstiegs will die Europäische Zentralbank ihr Anleiheankaufprogramm für die nächsten drei Monate forcieren.

Diese Linie macht Sinn. Denn nicht jeder Renditeanstieg ist ein geldpolitisches Problem, welches einer scharfen geldpolitischen Antwort mit Langzeitwirkung bedarf. Vor allem angesichts der Tatsache, dass sich die Renditen für Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren gerade mal um 0,3 Prozentpunkte nach oben bewegt hatten. Hinzu kommt: Die anziehenden Inflationserwartungen verbunden mit einem sich verbessernden Konjunkturausblick sind doch genau der Mix, den sich die EZB-Entscheider schon so lange wünschen.

Die Europäische Zentralbank will mit ihrer jüngsten Maßnahme sicherstellen, dass die wirtschaftliche Erholung nicht doch noch auf halbem Weg stecken bleibt. Kritiker mögen bemängeln, dass die EZB dabei auch die Refinanzierungskosten der Regierungen im Auge behält. Aber aus diesem Dilemma wird sie so bald nicht herauskommen.

Viel ist nicht passiert auf der Sitzung der EZB – es gab aber auch keinen verschärften Handlungsdruck. Um auf mögliche Risiken in 2021 vorbereitet zu sein, hatten die europäischen Notenbanker schließlich erst im Dezember 2020 die geldpolitische Lockerung nochmals ausgeweitet. Jetzt ist die EZB zu Recht bedächtig. Und das, obwohl eines der möglichen Risiken bereits eingetreten ist: Der verlängerte Lockdown in Deutschland. Abgesehen davon sind die Perspektiven aber durchaus positiv. In der Eurozone sind die Corona-Impfungen angelaufen. Ein Brexit-Deal, wenn auch kein guter, ist unter Dach und Fach. Der Preisdruck in der Eurozone könnte im ersten Halbjahr 2021 wunschgemäß steigen. In den USA kommt wahrscheinlich ein Fiskalprogramm, das deutlich größer ausfallen wird als erwartet.

Die Europäische Zentralbank wird ihre Geldpolitik wohl erst wieder justieren, wenn sich die Pandemie entspannt. Das dürfte aufgrund wärmerer Temperaturen und fortschreitender Impfquote frühestens im Sommer der Fall sein. Eine Rückführung der Anleihekäufe, wie in den USA bereits diskutiert wird, wäre aber vor Herbst nicht zu erwarten. Ob die EZB diese Maßnahme dann aber wirklich ergreift, bleibt abzuwarten. Denn sie könnte von den Finanzmärkten als zu früh und zu aggressiv interpretiert werden. Schon jetzt zeichnet sich ab: Der Einstieg in den Ausstieg ist durchaus schwierig. Diesen muss die Zentralbank rhetorisch gut und frühzeitig vorbereiten – ohne dabei falsche Signale auszusenden.

Aber: Auch ein Ende geldpolitischer Lockerungen ist ja schon ein erster Einstieg in die geldpolitische Verschärfung.  

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